2.5.13

Erster Test / Hörbericht AMG Viella V12

Es ist schon immer wieder richtig spannend, was die freie Marktwirtschaft ständig in die Auslagen der Geschäfte spült. Die müssen sich ständig neu erfinden, die Schnellen "fressen" die Langsamen. So ist es halt auch im Hifi-Gewerbe.

Vorab, auch wenn es manchem wehtut: ich habe bisher noch nicht so ein hervorragend neu durchdachtes und konsequent konstruiertes Produkt wie den neuen AMG Viella V12 mit Werkstonarm auf meinem Rack stehen gehabt. Jetzt verstehe ich auch, warum die TAS diesen Dreher zum "Product of the year" gewählt hat. Ich bin positiv überrascht. Oder vielleicht doch irgendwie durchgeknallt, das Ding kostet genauso viel wie ein Kleinwagen ! Naja, wenigstens ist der Werterhalt besser und die Langzeitfreude selbst nach Jahren/Jahrzehnten auch ... behaupte ich mal.

Doch zunächst ein paar Worte zu meiner persönlichen Hifi-Geschichte. Wie die meisten älteren Musikfreunde bin auch ich mit dem Dreigestirn "Plattenspieler-Verstärker-Boxen" voll analog aufgewachsen. Irgendwie mit ca 10 Jahren trällert im Kofferradio "i hear you knockin" von Dave Edmunds und man hat den ersten DUAL-Plattenspieler bewusst wahrgenommen. Muss ich haben, kennt ihr das? Dual CS 731 war eine echte Traummaschine, dann kam auch schon Thorens auf den Plan. Sony TTS 2250 mit dem legendären PUA-1500S oder L habe ich glatt mal gekauft. Tolle Maschine. In der Studentenzeit war ein Thorens TD 166 MK2 mit Elac-System 796 das Mass der Dinge. Das Shure V15 III war kaum finanzierbar, trotzdem immer im Kopf (gibt es das eigentlich noch?). Der Thorens TDA 2001mit RDC-Aufrüstung hat mich dann trotz CD lange vor dem Digital-Zeitalter geschützt. Irgendwann wurde es dann doch auch für mich ein paar Jahre ruhig um das Vinyl. Gewollt oder ungewollt? Ich weiss es nicht mehr wirklich, man meinte wirklich die CD hat Vinyl abgelöst und klingt besser. Was ein Trugschluss. Dann habe ich mir doch wieder einen kleinen Transrotor Leonardo aus einer Laune heraus gekauft. Mit einem Benz MC Gold, später mit Ortofon Valencia klang der dermassen überzeugend, das ich immer öfter wieder statt zur CD zur LP gegriffen habe. Nach dieser Einstiegsdroge kam der Fat Bob mit SME 3500. Das Valencia ist umgezogen. Einige Jahre war ich sehr zufrieden damit. Ein sehr robuster mechanischer Aufbau sowie der Klassiker als Tonarm (SME ist wie VW Golf fahren) sind langzeitfähig. Danach kam ein Clearaudio Magnum mit 12-Zöller-Einpunktarm. Hier gefiel mir die Antriebseinheit weniger (fummeliges Kunststoffpulley mit Plastikverschraubung), ebenso war der Tonarm gewöhnungsbedürftig. Der Klang mit dem Ortofon Vienna war dennoch wirklich gut, ein wenig feiner als der Fat Bob. Dann kam ein VPI Classic, damit war meine Einpunkt-Tonarmkarriere jedoch beendet. Das billige Gehäuse mit der Folierung war ebenso ein no go. Das Benz Ruby 2 hat mich zu der Zeit aber durchaus überzeugt, sehr agil und direkt. Der Rega P9 folgte, den mag ich heute immer noch besonders gerne. Der Tonarm RB1000 ist zwar eine Pretitose ( denn können nur wirklich wenige spielfrei im Lager justieren, ich hatte auch promt diesbezüglich ein Problem, Rega hat aber unverzüglich für neuen Ersatz gesorgt), aber richtig gut für das aufgerufenen Geld. Dann kam der Clearaudio Innovation mit dem Universal Tonarm und dem Benz LP-S. Das Massekonzept als Gegenpol zum P9 überzeugte zunächst sehr. Später habe ich das Shelter 901 mal probehalber eingebaut, das gefiel mir tatsächlich besser. Mit diesem Tonarm kann man einen Nagel in die Wand hauen, so schwer und massiv ist das Ding. Ein Dreher, der zeitlos schön ist. Im Frühjahr 2013 habe ich mir jetzt noch ein AirTight PC-3 gegönnt. Ein interessantes System. Ich denke, es passt ideal zu einem Röhrensystem mit seiner Attacke. Mir gefällt es richtig gut. Jetzt ist das PC-3 im nagelneuen Dreher und zeigt mir seine ganze Finesse.

So, jetzt sind wir beim Viella.

Der Aufbau
Alles Bauhaus, das Styling wunderbar schlicht, reduziert auf das wesentliche. So muss das sein. Zum Glück habe ich mir diesen Holzeierbecher für 1500€ nicht mitbestellt. Gefällt mir so viel besser, passt auch besser zum Konzept. Das Paket kompakt und funktional. Der Aufbau geht schnell vonstatten, ca 1,5 h für einen einigermassen versierten Hifinator. Grundplatte einwaagen, das wunderbare Lager beäugen, mit 2 oder 3 Versuchen ist das Riemenauflegen auch Geschichte. Das finde ich schon mal gut, der Riemen sonst bei allen Drehern war immer irgendwie ein Staubmagnet und hat irgendwie die Plattenteller gebrandmarkt. Das ist hier ideal gelöst. Der Teller ist mit dem aufgeklebten Vinyl ist ideal aufgebaut und lässt sich relativ einfach auf das ausgesprochen robuste Lagermonument hieven bzw lösen. Die schwarze Legierung aller Teile ist absolut Fettfingerresistent und lässt sich wunderbar säubern. Wenn ich da an die Chrom- um Acryl-Poser denke, kann ich nur sagen : bravo. Dann diesen Tonarm 12J aus der Holzkiste nehmen. Oh, ist der leicht. Lässt sich ebenso zügig montieren, alle Schrauben sind ideal postiert und robust. Was habe ich da schon für bescheuert konstruierte Sachen erlebt. Die Wasserwaage oben im Drehpunkt ist ein echte Hilfe. Warum machen andere sowas nicht? Das Netzteil hat seinen Namen verdient. Hier hat man endlich keine schlaflosen Nächte mehr, weil man immer von einem besseren Meganetzteil träumt. Nein, nicht notwendig. Brauchbares Netzkabel, selber kurz mit MFE durchgemessen und markiert. Fertig. Start mit Druck auf der 33 Taste.

Die Funktion
Die Farbe des 33er-Tasters wechselt von rot auf grün. Der Teller  fährt relativ langsam hoch, ein kleiner Startschubs ist nicht hinderlich. Dann wieder ein Highlight : die Plattenklemme. Verschraubbar, besser geht es unter dem Strich meines Erachtens nicht. Der Tonarm macht auf mich gewichtsmässig, lagermässig und funktionsmässig einen dermassen ausbalancierten Eindruck, das der Tonabnehmereinbau eine ware Freude ist. DAS ist der Stand der Technik für mich! Nicht kompliziert konstruiert, sondern reduziert auf das wirklich Wichtige. Ich denke jetzt auch anders über meinen vormals hochverehrten UNIVERSAL. Diese viele Masse brauch man nicht. Wireworld Phonokabel ist installiert. Die erste Platte ist etwas kantiges von Judas Priest, so.... endlich springt die Nadel beim Platteneingangs-Berg nicht mehr. Das fande ich immer dämlich ... es ist weg! Sehr schön...diese Ausbalanciertheit schon vor dem ersten Klangspot. Hinsetzen.

Das Klangfuriosum
Das klingt aber auf Anhieb anders. Sehr viel ausgewogener und einheitlicher. Mein Mädel wirft auf Anhieb ein : " Hat der mehr Bass?". Ja, auch das ist wahr. Alles sofort zu hören. Ich bin ja sonst immer eher skeptisch bei Aussagen wie : "spielt in einer anderen Liga...", ist für mich eher immer anfüttern der Hifinatoren, damit die auch ständig einen neuen Kaufimpuls verlötet kriegen. Hier stimmt aber viel von diesen Argumenten. Dieser AMG ist für mich zunächst der 100% Massstab. Wunderbar. Erst war ich ja durchaus skeptisch, jetzt freue ich mich. Als Hauptgrund sehe ich die sehr gelungene Plattenteller-Plattenverbindung und diesen ehrwürdigen Tonarm für das sehr überzeugende Ergebnis, dann natürlich das Gesamtkonzept. So macht HighEnd Spass und sorgt nicht nach einigen Monaten schon wieder für nervöse Zuckungen beim Hifinator.

setup
AMG Viella V12 mit AirTight PC-3
NAGRA VPS mit Doppelbestückung( Abschluss 100 Ohm und 800 Ohm )
Spectral DMC 15 SS
McIntosh MC302AC
Thiel 3.7
Kabel HMS Grand Finale Jubilee
Tabula Rasa Basis 600 Rack

(Fortsetzung folgt)

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