7.12.20

Erster Test Thorens TD124DD Modell 2021

Jetzt hat mich der Vintage-Trend auch überrumpelt.

Völlig überraschend habe ich aus dem Bauch raus ohne viel Überlegung am 11.11.2020 einen Thorens TD124DD bei dem Händler meines Vertrauens geordert (Klang Art Plattling). Aus der ersten Charge ist am 5.12.2020 ein Gerät mit der Seriennummer No23 per Spedition bei mir eingetroffen.

Wie konnte es nur dazu kommen?

Das Ding kostet fast 8000,-€ Liste und sieht aus wie...., ja wie denn? Alt? Nein, finde ich garnicht. Zeitlos, fast schon wieder modern. Doch dazu später.


Eigentlich war ich drauf und dran, wieder in die Bohrinselfraktion einzusteigen (TW Acoustic Raven LS, Brinkmann Taurus, SME 20/3, TechDAS AirForce 5 Premium, Dr Feickert Firebird etc).

Dann las ich am 10.11.2020 im Blog von Michael Fremer auf AnalogPlanet von der Vorstellung des 124DD in Amerika. Michael Fremer, fast ein Heiliger im HighEnd-Zirkus. Dazu eine kleine Geschichte:  Auf der letzten HighEnd 2019 weilte ich während des Fachbesuchertages bei einer interessanten Vorführung (welcher Hersteller weiss ich nicht mehr), plötzlich war irgendetwas anders. Als wenn sich ein Großereignis ankündigt. Die Vorführer bekamen Schweiß auf der Stirn. Dann trat er herein, der Heilsbringer. Michael Fremer. Plötzlich war ich (wie alle Anderen auch) nur noch Luft für die anwesende Herstellergilde, nur noch Herr Fremer wurde hofiert. Diese Anbiederung war irgendwie höchst amüsierend, aber auch verstörend. Da kann man sehen welchen Einfluß diese „Influencer“ letzten Endes doch haben. 

Zurück im hier und jetzt. Da mein erster Dreher zu Studentenzeiten ein TD166 Mk „irgendetwas“ war, ist im Kopfkino innerhalb von Sekunden die Entscheidung gefallen. Der 124DD musste her.

So. Genug des Vorplänkelns. Ach so, eins noch. Der sehr gute Rega P10 2020 musste am 10.11.2020 weichen. Mein Bohrinsel-Freund aus dem Münsterland spottet immer: „...die englische  Laubsägenarbeit....“. Was soll ich zu so einer Aussage sagen? Es muß ja Spass machen. Nur am Rande, der P10 ist ein Top-Plattenspieler und harmonierte mit meinem Ikeda 9TS dermassen gut, da blieb kaum ein Wunsch offen. Das Apheta3 hingegen war mir persönlich eine Spur zu "fastforward". Da ich auch den ehrwürdigen P9 bereits sehr mochte, reift bei mir mehr und mehr die subjektive Erkenntnis „haben Bohrinseln denn wirklich aus klanglichen Gründen echte Vorteile?“. Ich persönlich finde das nicht mehr, das Gesamtkonzept ist letztendlich entscheidend. Mit dem Klangideal des P10 und dem Transrotor Alto/SME5 im Ohr geht es in die nächste Runde.

So. Jetzt aber. Beim Auspacken und Aufbau vom 124DD wirkt alles sehr durchdacht. Das Konzept wurde  meines Wissens 1957 erdacht und viele zig-Tausend Male gebaut, hauptsächlich für Radiostationen etc. Sowas muss ja zuendeentwickelt sein. Heute noch eine Legende. Ich mag Hifi-Produkte, die ich noch alleine tragen kann. Der 124DD gehört definitiv dazu, irgendetwas um die knapp 12kg. Das Subchassis ist extrem einfach über 4 offene Rändelschrauben ins Wasser zu bringen. Alle Bedienelemente sind auf dem Dreher, ich muß nicht erst an einem externen Netzteil in der untersten Schublade am Rack die Drehzahl abrufen etc. Sowas nervte mich auf Dauer bei fast allen anderen Plattenspielern. Der Direktantrieb scheint kein verschwurbeltes Marketingkonzept zu sein, sondern es funktioniert einfach und zuverlässig. Less is more. Die Geschwindigkeitskontrolle ist jederzeit über das stylische Spiegelfenster möglich. Prima. Da gucke ich gerne hin und muss nicht eine Schablone etc rauskramen (macht man eh nicht, seinen wir doch ehrlich). Das genialste Bedienungsdetail ist für mich aber ein ganz anderer Hebel. Der Schnellstophebel auf der linken Seite. Beim Plattendrehen einfach hebeln und es heißt STOP. Platte drehen, aushebeln und weiter gehts. Was habe ich sowas 50 Jahre vermisst! Dabei kannte ich bis jetzt diese Funktion garnicht. Der elektronische Lift ist das nächste Highlight dieser Maschine. Erst hatte ich echtes Stirnrunzeln nach dem Motto „so ein Murks brauch doch kein Mensch“. Ein Lift mit Geräuschen, gehts noch? Doch weit gefehlt. Nach 2 Tagen lautet mein Fazit: Muss ich haben! Warum? Zum einen muss der geneigte Leser wissen, das ich bereits bei zwei rennomierten Tonarmen (AMG 12J2 und TW Acoustics 10.5) Probleme mit dem Lift hatte, zum Zweiten ist die Funktion tadellos und man fühlt sich wie im Studio bei Radio RIAS Berlin. Man muß nur ein Gefühl dafür entwickeln, wie man die rechte Hebelei fachgerecht bedient; Hinweis: Subchassis. Grobmotoriker produzieren sonst üble Kratzerchen auf dem goldenen Vinyl. Das Laufwerk kann somit rundum überzeugen.


Der Tonarm ist ein EMT-Derivat. Das sind schon mal hervorragende Gene. Robuste Studiotechnik ohne blingbling. Erst jetzt muß ich für mich nach den ganzen verflossenen Edeltonarmen feststellen, das ich genau sowas brauche. Das Ding ist extrem einfach zu justieren und einzustellen. Ich bewerte sowas hoch. Schnell zu 96% zu kommen ist für mich wichtiger als an einer Stelle der Platte vielleicht 98,324% Einstellpräzision zu haben. Das Headshell mit seiner Verkabelung überraschte mich ein wenig, da die Kabel bei meinem IKEDA nicht einrasten, sondern grösser sind und somit nur locker aufgesteckt werden können. Das gefällt mir nicht wirklich, aber es funktioniert, obwohl es besser gehen könnte. Also haken dran. Das lässt sich durch ein anderes Headshell bzw Kabelset relativ simpel korrigieren.

Mein Ikeda 9TS hat nach drei Iterationen des Justierdreiklanges (Auflagerkraft, Baerwald, Lofgreen, etc) seine Arbeitswilligkeit hergestellt. Los geht´s. Und wie. Dynamik, konturierter Ground-Bass, wohlgewichteter Midbass, feine midrange, spritzige Höhen. Alles da. Und irgendwie eine sehr schöne Geschlossenheit in der Klangkultur und -bühne. Also nochmal, wofür die ganzen Kilos? Ein persönliches  Worte zur Relevanz vom Aufstellebene sprich Rack will ich noch verlieren. Interessierte Leser haben sicherlich bemerkt, das ich den Einfluß von ultrateuren Hifi-Möbeln kritischer sehe als der Großteil der Hifi-Jünger. Ich glaube nicht an Komponentenstatus diesbezüglich, Ausnahmen lasse ich aber gelten. Manch einer wird bei meinen Schweizer Edelmöbilar USM vielleicht mit der Stirn runzeln. Glauben Sie mir, das funktioniert. Ich gebe lieber mehr Geld für die Maschinen aus. In dem Zusammenhang hat ein Subchassis vermeintlich Vorteile. Das will ich aber nicht (noch nicht) in Stein meisseln.

Da ist es wieder. Das Gesamtkonzept und die Erfahrung zählt für das Ergebnis sowie das subjektive Vergnügen. Mein Gefühl ist, dass der Thorens TD124DD echte Langzeitqualitäten mitbringt und die echte Chance hat, als Erstplayer zu bleiben. Mal sehen, ob er bei mir den Kaufimpuls für einen TechDAS fernzuhalten im Stande ist. Die Chancen stehen sehr sehr gut. Ist er denn den hohen Preis wert? Mein Urteil ist bis jetzt: Ja! Wenn ich sehe, was die CNC-Junkies mit Ihren Materialschlachten so aufrufen, finde ich hier die Intelligenz genau richtig preislich positioniert. Noch so gerade erreichbar für viele Interessenten, die Wertstabilität wird sicherlich zufriedenstellend sein. Da wird es mir um den zukünftigen Erfolg des Unternehmens Thorens nicht bange. Das passende SPU aus dem Haus Thorens für knapp 2000€ fällt mir noch soeben ein, da gibt es noch was zu erzählen. Demnächst hier. Wo war nochmal der Bestellblock...


1 Kommentar:

Pile hat gesagt…

Meine Meinung zu dem Thema:
Es ist schon bemerkenswert was Thorens da macht. Ein Laufwerk mit Design aus den Fünfzigern, gepaart mit ausgereifter, lange etablierter Antriebstechnik aus den Achtzigern aktuell, 2020, für das Hochpreissegment auf den Markt zu bringen. Man verlässt das Feld Riemenantrieb (davor Reibrad) mit dem man lange Erfahrungen gesammelt und erfolgreich eingesetzt hat und wechselt zu einer Technologie, die vor allem die Japaner voll im Griff und zu Ende entwickelt haben. Soweit ich mich erinnere, dürfte der TD124DD der erste Thorens Player mit Direktantrieb im Hochpreisbereich sein. Auch bei den Ikonen Thorens Reference und Prestige setzte man seinerzeit auf Riemenantrieb. Der Schritt zum Direktantrieb setzt schon eine Menge Vertrauen in das eigene Produkt voraus. Das man auch heute noch Laufwerke mit Reibrad an den Mann bringen kann zeigt die Fa. Reed mit ihrem Muse 3c, der wahlweise mit Reibrad oder Riemen angetrieben werden kann. Ich finde es gut, dass Thorens das Reibrad nicht in Erwägung gezogen hat. Ich halte den Thorens TD124DD für eine erzsolide Konstruktion mit einem fast wartungsfreien Antrieb in einem Design, dass in der heutigen Zeit ein Alleinstellungsmerkmal hat. Die gleiche Technologie, eingebaut in ein modern gestyltes Gehäuse, würde bei dem heutigen Angebot an Laufwerken wohl untergehen. Die barocken Rundungen sind schon sexy;-)